Priester und Pfadfinder

Zum 100. Geburtstag von Josef Paul Demmler – Versuch einer Würdigung

Josef Paul Demmler, geboren 1913, gestorben 1990, hat nach dem Zweiten Weltkrieg, selbst unmittelbar Leidtragender, auf der Suche nach einem neuen und in die Zukunft tragenden Konzept der Jugendbildung und –seelsorge die Ideen des Pfadfindertums entdeckt – vielleicht hat er in der französischen Kriegsgefangenschaft Mitglieder der Scout de France kennengelernt? Wir wissen es nicht – und für gut befunden.

Ein paar Jahre zuvor hatten die Verantwortlichen der Diözese bereits die auch vor dem Krieg bzw. noch vor dem Verbot der Nazi-Machthaber bestehenden Jugendorganisationen wiederbegründet und neue Strukturen geschaffen. JPD genügte das offenbar nicht. Ich denke, es brauchte schon etwas Mut, etwas Neues einzuführen, das nicht auf Anhieb gleich als „gut katholisch“ und kirchlich im herkömmlichen Sinn zu erkennen war. Die DPSG war damals schon Mitglied im (interkonfessionellen) Ring und der (nicht katholischen ) Weltpfadfinderbewegung. Zudem gab es zwar noch die alte strenge Hierarchie der „Feldmeister“, aber auch den jungen Menschen wurde schon ein eigener wesentlicher Part in der eigenen Erziehung zuerkannt. So ein Konzept enthält durchaus auch ein gewisses „Unsicherheits-Moment“, das viel Vertrauen in den jungen Menschen voraussetzt und eigentlich nur durch Partnerschaft und Partizipation – wie wir heute sagen würden – zu bewältigen ist.

Josef Paul Demmler setzte schon frühzeitig auf die Mädchen und Frauen in der Kirche, als er sie zum Ministrantendienst ermunterte. Dies tat er früher als es der kirchlichen Obrigkeit recht war – erst in den 80er Jahren, d.h. vor 30 Jahren gab es entsprechende Duldungserlasse – , was sicher auch in seiner Pfarrei, im Dekanat, in der Diözese nicht auf ungeteilte Zustimmung traf.

Josef Paul Demmler sah die Campingseelsorge als große Chance, mit Menschen in Kontakt zu kommen, wenn sie sich befreit und gelöst vom heimischen Alltag fühlen. Quasi nach dem Motto: Wenn schon nicht die Leute im Urlaub in die Kirche kommen, dann geh ich halt zu den Leuten. JPD ging dann wirklich unter die Leute, als Urlauber unter die Urlauber. Dass er dort (und das in Italien, in den 60er Jahren!) mit römischen Kragen und black-dressed am Strand und am Campingplatz auftrat, kann ich mit allerdings nicht vorstellen.

Dazu passt eine meiner eigenen wenigen Erinnerungen an JPD. Es war auch in den 60er Jahren. In einem Landeslager raunte es mit einem Gemisch aus Respekt und Scheu durch die Zeltgassen: „Da Demmler is’ do!“ Ich erwartete einen ordentlich gekleideten Priester zu sehen. Stattdessen lief JPD – unübersehbar und „echt cool“, wie man heute sagen würde – rum in kurzen Hosen, nein echten Shorts, möglicherweise in einem Klufthemd, kann aber auch ein Freizeithemd gewesen sein, an den Füßen nur so Pantoletten. Er lief herum wie wir in der Lagerfreizeit. Er war einer von uns.

Wenn Kleidung auch Ausdruck eines gewissen Selbstverständnisses ist, dann zeigte Josef Paul Demmler unzweideutig und unmissverständlich, dass er in seiner Seelsorge unmittelbar am Menschen gewissermaßen Allen Alles werden (vgl. 1.Kor 9,22) wollte.

In diesen seinen Verhaltensweisen erkenne ich, dass unser JPD zu seiner Zeit, einer Zeit des gesellschaftlichen und kirchlichen Wiederaufbaus, nicht nur als Priester Pfadfinder unterstützte, sondern selbst Priesterpfadfinder war. Er ging nicht die alten, eingetretene Wege, sondern suchte neue, mit Mut und Weitblick.

Die DPSG der Diözese Passau kann sich glücklich schätzen, eine solche Priesterpersönlichkeit obendrein als ihren Gründer in ihren Reihen zu haben. Sie ist letztlich sein Vermächtnis. Wir müssen Josef Paul Demmler dankbar sein, seine Impulse immer wieder aufgreifen und ihm ein dauerndes Andenken bewahren.

Kaj. Fuchs, im Juli 2013